„Gehorsame Apparatschiks“ San Francisco streitet über Bradley Manning und darüber, wie angepasst die CSD-Parade ist

Bradley-ManningEs ist ja nicht so, dass wir in Deutschland respektive Berlin die einzigen wären, die über das Verhältnis CSD und staatstragende Politik streiten. In San Francisco ist ein Streit um den inhaftierten US-Soldaten und angeblichen WikiLeaks-Informanten Bradley Manning entbrannt. Ein Streit, der eine tiefergehende Frage berührt: Wie kritisch ist die queere Parade überhaupt noch?
Bradley Manning wurde vom Komitee der CSD-Parade als einer „Grand Marshals“, als – sinngemäß – einer der Leitbilder der LGBT-Community für die Parade im Juni benannt – jedenfalls kurzzeitig, denn Lisa L. Williams, Präsidentin des veranstaltenden Pride Boards, erklärte die Benennung kurzerhand zum Fehler und machte sie rückgängig. Schließlich stehe Manning als Angeklagter vor dem US-Militärgericht. Bis zu einem Urteil würde „allein der Anschein einer Unterstützung für eine Tat, die unseren Männern und Frauen in Uniform schaden könnte“, nicht toleriert. Manning als Grand Marshal „ist eine Beleidigung für jeden, hetero- oder homosexuell, der jemals im Militär unserem Land gedient hat“.
Manning ist wegen der Weitergabe von Informationen aus dem Irak-Krieg wegen Landesverrates angeklagt. Er ist seit 2010 in Haft und wartet seitdem auf den (offiziellen) Prozess. Wiederholt wurden die Bedingungen seiner Haft auf einer Militärbasis von internationalen Menschenrechtsgruppen als Folter kritisiert. (S.i.e.g.T.-Bericht zulängst am 9.1.13) Vielen Friedensaktivisten gilt Manning als Symbolfigur im Kampf gegen die amerikanische Militärindustrie. Sie sehen in ihm einen Helden, der durch die Weitergabe von Daten die Machenschaften des US-Militärs aufgedeckt hat. In ihrer Erklärung weist die Präsidentin des SF Pride Board immerhin darauf hin, dass selbstverständlich Meinungsfreiheit gelte und jene, die Manning unterstützen, das Recht hätten, ihre Meinung auf der Parade zu äußern.
In einem sorgfältig recherchierten Artikel im „Guardian“ listet Glenn Greenwald Verstrickungen von Sponsoren der Parade in San Francisco zur Militärindustrie auf und kritisiert, dass sich die schwul-lesbische Parade San Franciscos längst in der Hand der Großkonzerne befinde. Die Parade habe sich in einen Haufen von gehorsamen Apparatschiks verwandelt: „That’s how this parade was so seamlessly transformed from orthodoxy-challenging, individualistic and creative cultural icon into yet another pile of obedient apparatchiks that spout banal slogans doled out by the state while viciously scorning those who challenge them.“
Eine Gruppe von Aktivisten, laut „Advocate“: Michael Petrelis, Tommi Avicolli Mecca und Lisa Geduldig, ruft nun zum Protest gegen die Entscheidung der Organisatoren der Parade auf. „Wir haben es satt, dass Themen wie Ehe und Militär das, was einst eine queere Bewegung, eine Parade des Stolzes und der Feier von sozialer Gerechtigkeit für Queers war, ersticken.“ (RH)

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