Sommerlich schön mit unschönem Grollen – Christian Petzolds Film „Roter Himmel“

Roter Himmel Pressefoto

Wäre er nicht so sommerlich leicht gestrickt, man könnte oder müsste manches in „Roter Himmel“ von Regisseur Christian Petzold nachdenklich oder gar bedenklich finden.

Erzählt wird von vier jungen Menschen, die gemeinsam einige Tage an der Ostsee in einem etwas abgelegenen Ferienhaus verbringen. Leon, der Schriftsteller, der in der Abgeschiedenheit am Manuskript für den nächsten Roman arbeiten will – der Verleger hat schon sein Kommen angekündigt; Felix, sein schwuler Kumpel, der eine Fotomappe zum Thema Wasser erstellen muss, das Projekt aber wesentlich entspannter angeht als der verbissen intellektuelle Leon. Sie treffen auf Nadja, die im Badeort jobbt, und Devid (mit „e“), Rettungsschwimmer am Strand. „Gehst du mit schwimmen?“ ist lange Zeit die meist gestellte Frage. Dass alles nicht so gut ausgehen wird, das macht der Film schon in seiner Anfangsszene deutlich, wenn der Feuerwehrwagen durch den Ort rollt und per Lautsprecher vor der hohen Waldbrandgefahr warnt. Auch sonst durchziehen den Film immer wieder Merkwürdigkeiten, die das nahende Unheil ahnen lassen. Spätestens wenn ein Heine-Gedicht ob seiner düsteren Schönheit gleich zweimal bei Wein am Gartentisch rezitiert wird, sollte auch dem Letzten klar sein, dass jetzt gleich was passiert.

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Vom Schwulsein inmitten des täglichen Horrors – Douglas Stuarts Roman „Young Mungo“

Cover_YoungMungoIn seiner Drastik hat der Roman „Young Mungo“ viel von einem Horrorroman. Nicht von der Sorte, in der irgendwelche paranormalen Dinge geschehen und allerlei Unwesen ihren Spuk treiben. Viel eher ist es bei Douglas Stuart der Horror des alltäglichen, menschlichen Zusammenlebens, der einen das Fürchten lehrt: die „Normalität“ des Wechselbads aus Glück und Angst, die „Selbstverständlichkeit“, mit der Menschen, deren Sehnsüchte bereits zerstört wurden, die Sehnsüchte anderer zerstören. Also jener Horror, wenn sich der Einzelne von höchst realen, gesellschaftlich-politisch wie ökonomisch geschaffenen Zuständen (Dämonen?) wie Armut, Arbeitslosigkeit, Alkohol, Perspektivlosigkeit verfolgt sieht. Man kann lange Zeit scheinbar gut und unbehelligt leben, das schleichende Unwohlsein ignorieren, aber irgendwann trifft es einen doch. Die Leichen im Keller sind auch in „Young Mungo“ nicht nur metaphorisch gemeint, und wie in allen modernen Horrorgeschichten sollte man sich nicht allzu sehr auf den Schutz einst heiliger Dinge verlassen.

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Medienpreis der Deutschen Aids-Stiftung für Axel Schock

AxelSchockDer Journalist und Buchautor Axel Schock wurde gestern in Bonn „für seine jahrzehntelange, kontinuierliche und sachkundige Berichterstattung zu HIV/Aids“ mit dem Medienpreis HIV/Aids 2021/2022 der Deutschen Aids-Stiftung ausgezeichnet. Besonders hervorgehoben wurde seine langjährige Tätigkeit als freier Autor des magazin.hiv der Deutschen Aidshilfe. Aus der Laudatio:

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Das Versprechen der Liebe – Filmkritik zu „Das Blau des Kaftans“

pressefoto02_DasBlaudesKaftans

Das Blau des Kaftans erscheint in vielerlei Hinsicht zunächst wie ein sehr konventioneller Film – dies trotz oder vielleicht auch gerade wegen seiner „queeren“ Dreiecksbeziehung. Wobei das „queere“ ein wichtiger, aber vielleicht nicht der wichtigste Aspekt darin ist. Zunächst und eigentlich geht es um die Beziehung zwischen dem Schneider Halim und seiner Frau Mina (sinnlich und intensiv gespielt von Saleh Bakri und Lubna Azabal). Die Art der Beziehung geht möglicherweise weit über das hinaus, was durch sexuelle Kategorien erfasst werden kann. Die beiden betreiben seit vielen Jahren in der Medina (Altstadt) von Salé in Marokko einen traditionellen Laden für Kaftane. Hinzu tritt der Lehrling Youssuf (Ayoub Missioui). Der guckt seinen Meister mit großen Augen verträumt an, und so ist das eine Geheimnis des Films schnell offensichtlich: die Homosexualität von Halim und Youssuf.

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Spendenaufruf: Neubau fürs Waldschlösschen

SpendenaufrufMehr Einzelzimmer, mehr Inklusion – das soll durch ein weiteres Gebäude, das neue „Berghaus“, an der Akademie Waldschlösschen, dem queeren Tagungshaus in Reinhausen bei Göttingen, ermöglicht werden. Seit Planungsbeginn seien die Baukosten, so teilt die Akademie mit, um gut 25% gestiegen. Um das Projekt trotzdem stemmen zu können, soll nun die Hälfte der Mehrkosten von 306.000 € für die Barrierefreiheit des Neubaus durch Spenden aufgebracht werden. Die Aktion Mensch habe die Finanzierung der zweiten Hälfte bereits zugesagt.

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Anschlag auf Schwules Museum in Berlin

Die queere Community Berlins steht weiterhin unter Beschuss – auch wortwörtlich. Am Morgen des 24. Februar haben Mitarbeiter*innen des Schwulen Museums im Bezirk Tiergarten sechs Einschussstellen an der Hausfront festgestellt – das teilte das Museum gestern, vier Tage nach der Tat, mit. Zwei Fensterscheiben, der Leuchtschriftzug und ein Kunstwerk vor der Eingangstür wurden dabei beschädigt. Zu möglichen Tätern gibt es derzeit keine Erkenntnisse. Der Vorstand des Schwule Museums geht von einem gezielten Angriff auf das Museum aus.

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Zwischen Gottesdienst und Tanzen – Dokumentation zur Geschichte der Ökumenischen Aids-Initiative KIRCHE positHIV

Cover Dokumentation KIRCHEpositHIVZusammen mit Axel Schock, der sich schon seit vielen Jahren journalistisch mit der Geschichte von Aids befasst, habe ich für die Ökumenische Aids-Initiative KIRCHE positHIV eine Dokumentation über deren Arbeit von 1993-2020 erstellt. Vor 30 Jahren entstand diese innerkirchliche Initiative in Reaktion auf das Schweigen und Verdrängen der Kirchenleitungen angesichts der Immunschwächekrankheit und ihre Folgen. Die Idee, die Geschichte und wenigstens einige der Geschichten, die sich mit dieser Initiative verbinden, in einem Dossier festzuhalten, kam im Vorfeld des Gottesdienstes zum Ende der Initiative im März 2020 auf. Nun finden sich in dem Ende letzten Jahres fertiggestellten, knapp zweihundertseitigen Band nicht nur ein geschichtlicher Überblick, sondern auch Darstellungen des konkreten Engagements – vom Gedenkbuch über Einzelfallhilfe bis zu gemeinsamen Aktivitäten der Mitglieder, Predigttexte aus Gottesdiensten verschiedener Jahre und zahlreiche Interviews mit Mitarbeitenden und Begleitern.

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