„Nackt in der Zelle“ US-Militär setzt Folter von Bradley Manning fort

David Coombs, Anwalt des angeblichen WikiLeaks-Informanten Bradley Manning, berichtet von weiteren demütigenden Folterungen seines Mandanten in der Isolationshaft auf der Marinebasis Quantico im US-Bundesstaat Virginia. Jeden Abend werden Mannings die Kleidung abgenommen und er müsse nachts sieben Stunden lang nackt in seiner Zelle ausharren. Zum „Morgenappell“ müsse er sich nackt inspizieren lassen. Der Militärsprecher Brian Villiard habe mitgeteilt, so David Combs auf seinem Blog, dies geschehe zu Mannings eigenem Schutz. Weitere Details könne er nicht nennen, um Mannings Privatsphäre zu schützen.
Erst kürzlich hatte die Militärstaatsanwaltschaft eine Liste von Anklagepunkten gegen Manning vorgelegt, u.a. auch „Kollaboration mit dem Feind“. Darauf könnte die Todesstrafe stehen, die man aber nicht fordern wolle.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf der US-Regierung vor, den 23-jährigen Obergefreiten unmenschlich zu behandeln. Er werde seit Monaten ohne Gerichtsverhandlung in Haft gehalten. „Die Militärbehörden scheinen alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um ihn zu bestrafen, solange er in Haft ist. Das untergräbt die Unschuldsvermutung, zu der sich die USA bekannt haben“, zitiert die „Süddeutsche“ die Direktorin des Amerika-Programms von Amnesty in London, Susan Lee.
Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck forderte ein rechtsstaatliches Verfahren für Bradley Mannings.
Laut einer AFP-Meldung, die einem Bericht der „Financial Times“ folgt, ermittelt das Pentagon wegen eines geplanten Hackerangriffs auf die Marinebasis. Aus Solidarität mit Manning habe die Hackergruppe Anonymous  die Website der Basis hacken und die dortigen Telefonverbindungen lahmlegen wollen.
S.i.e.g.T. ist eines der wenigen schwulen Blogs, die überhaupt über den Fall des schwulen Bradley Manning berichten.

8 Kommentare zu „„Nackt in der Zelle“ US-Militär setzt Folter von Bradley Manning fort

  1. Dass der Mann schwul ist, tut nichts zur Sache. Ich sehe keinen Grund, ihn zum wegen seiner sexuellen Orientierung Verfolgten zu stilisieren, und wenn der Umgang mit ihm zehnmal nicht rechtsstaatlich ist. Natürlich ist diese Behandlung lautstark zu verurteilen, aber um ihrer selbst willen, nicht weil Manning schwul ist. Wir wissen doch alle, wie gern die Boulevard- und sogar Teile der sog. seriösen Presse darauf hinweisen, wenn ein Verdächtiger oder ein Täter schwul ist. Das geschieht aus bekannten Motiven. Offenbar sehen die meisten schwulen Blogger keinen Grund, diesen Spieß im Fall Manning umzudrehen und ihn wegen seiner sexuellen Identität für besonders schutzwürdig zu erklären. Auch dies aus nahe liegenden Gründen. Die Ursache für die menschenunwürdige Behandlung durch die US-Regierung ist allein deren Zorn über die eigene verantwortungslose Dummheit, vertrauliche Daten jedem Landsknecht zugänglich zu machen. Es ist ein Wunder, dass das so lange gut gegangen war. Man macht jetzt Manning fertig, weil man sich nicht traut, den Minister und ein paar Generäle einzusperren. Das ist typisch amerikanisch, wie beim Waffenrecht. Jeder Hampelmann kriegt Schusswaffen, aber wenn er dann damit Menschen umbringt, ist der Schock groß, und man ruft nach dem Henker. Dass man Gewehre und geheime Daten unter Verschluss halten muss, auf die Idee kommt man in der US-Regierung anscheinend nicht.

  2. Wieso wird Homosexuellen eigentlich immer übers Maul gefahren und ihnen gesagt, ihr Schwulsein sei nicht wichtig??? Ich muss mir hier keinerlei Maulkörbe anlegen und mich nicht zensieren lassen. Diese Zeiten sind vorbei.
    Mannings Schwulsein spielt eine Rolle. Sie wird im Nachsatz des obigen Artikels erwähnt, weil sich – in homo- wie heterosexueller Community kaum Unterstützung für ihn findet. Das überrascht, wo doch sonst auch noch der letzte Fall von Diskriminierung durch die Medien aufgegriffen wird.
    Stilisiert wird einzig und allein Assange. Weil er heterosexuell ist, anders als Manning nicht das Klischee des „Schwulen Verräters“ erfüllt, und die bessere PR-Arbeit hat.

  3. Ich vermag nicht zu erkennen, weshalb Mannings Schwulsein wichtig in Bezug auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe sein soll. Ich vermag auch nicht zu erkennen, wieso sich weltweit Schwule und Lesben für Straftäter oder einer Straftat Verdächtigte einsetzen sollen, nur weil die schwul oder lesbisch sind. Ich vermag schließlich und endlich nicht zu erkennen, dass Mannings Behandlung schwulenfeindliche Motive habe. So lange es keinen Beleg gibt, dass Manning bewusst als Schwuler gehandelt hat, sozusagen in Vergeltung von Obamas schwulenfeindlicher Politik des Festhaltens an „don’t ask, don’t tell“, oder dass Obama Mannings menschenrechtswidrige Behandlung angeordnet hat oder duldet, weil der schwul ist, gibt es keinen Grund zu homopolitischer Erregung. Bisher jedenfalls machen Mannings Unterstützer weder das eine noch das andere geltend. Dass man für Manning eintreten muss, weil ihm menschenwürdige Haft und rechtsstaatlicher Prozess verweigert werden, ist klar, steht aber auf einem ganz anderen Blatt und träfe auf jeden Hetero in gleicher Weise zu.

  4. Keiner anderen Minderheit in der Welt würde man untersagen, sich füreinander zu engagieren!

  5. Allein dass jemand schwul ist, begründet für mich keinen Zwang, mich für ihn einzusetzen. Der entsteht nur, wenn er in eben seiner Eigenschaft als Schwuler benachteiligt oder verfolgt wird. Manning mag sein, was er will. Ich verurteile die Art, wie mit ihm umgegangen wird, und das täte ich auch, wenn er hetero wäre. Auf der andern Seite -unterstellt, er wäre schuldig- hätte er bei mir keinen Schwulenbonus und wäre m.E. nicht milder zu bestrafen als ein heterosexueller Soldat. Wo kommen wir denn hin, wenn wir uns mit jedem Straftäter solidarisieren, bloß weil der schwul ist und wir es auch sind? Oder eine andere, sinngemäß verwandte Frage: Muss ich mich mit der homofeindlichen Politik Guido Westerwelles solidarisieren, weil Guido halt homophil veranlagt ist (schwul will ich so einen nicht nennen). Muss ich mich mit Klaus Wowereits Affinität zu arabischen Gewaltherrschern und zum Papst solidarisieren, weil Klaus schwul und das auch gut so ist? Da sei Gott vor!

  6. Ralf, wir reden sichtlich einander vorbei. Für nichts und niemanden herrscht ein Zwang. Ich sehe nur nicht, warum ich mir auf meinem Blog das Recht absprechen lassen sollte, aus homopolitische Gründen Solidarität mit Bradley Manning zu üben. Stattdessen kommt die „Schwulsein ist nicht wichtig“-Keule, mit der jede Regung plattgemacht wird.
    Ich finde es aber eine relevante Frage, warum die einen Unterstützung aus der Community erhalten und die anderen nicht. Überzogen formuliert: Jede verbale Homo-Diskriminierung in einem peruanischen Andendorf findet in Deutschland mehr mediale Aufmerksamkeit als Manning – und auch mehr Solidarität. Und ich kann mich wundern, warum das so ist. Aber nochmal: Solidarisch MUSS man mit gar niemandem sein.

  7. Hallo Ralf,

    mal abgesehen davon, dass an Deinem Artikel nichts falsch ist und dass auch Dein Abschlußkommentar eigentlich nicht wirklich stört, fand ich (als Hetero) die Hinweise von Ralf zuerst etwas irritierend, aber nach der Diskussion mit Dir im Nachhinein dann doch legitim.

    Auch wenn Du es vielleicht anders sehen willst, kann man keinesfalls darauf schließen, dass Bradley Manning wegen seiner sexuellen Ausrichtung weniger Aufmerksamkeit erfährt, als Assange.

    Dass liegt sicherlich eher an anderen Dingen.

    Beispielsweise:

    Assange ist nun mal in der Öffentlichkeit „der Kopf der terroristischen WikiLeaks-Organisation“, der seitens der abgedrehten USA-Politiker als Staatsfeind Nummer eins auf Augenhöhe mit Bin Laden gesetzt wird. Die terrorfanatischen USA Führer fordern unverblümt die Ermordung und Hinrichtung von Assange. Ausserdem hat der Typ auch noch einige schwedische Extremfeministinnen im Nacken, die medienwirksam über Interpol nach ihm fahnden ließen und nun seine Auslieferung erzwingen wollen.

    WikiLeaks (und damit Assange) bieten extrem viel Stoff für die Presse und die öffentliche Wahrnehmung.

    Und WikiLeaks hat die Amis so weit aus der Reserve gelockt, dass uns jetzt die wahre amerikanische „Fratze“ offenbar wurde.

    So leid es mir tut, Bradley Manning ist der eigentliche aber leider traurige und blasse Held, dem wir zwar die ganze Entwicklung verdanken, aber er bietet lange nicht so viel Stoff, wie Assange und WikiLeaks.

    Das hat absolut garnichts mit seiner sexuellen Ausrichtung zu tun.

    Bradley Manning ist auch für mich ein echter „Held“.

    Auch wenn er gegen Gesetze verstoßen hat, so hat er damit trotzdem extrem viel mehr Gutes vollbracht. Er hat wahre menschliche Größe bewiesen, indem er nicht weggeschaut, sondern die verbrecherischen Machenschaften „angeklagt“ hat.

    Warum hat er sich nur selbst verraten?

    Wenn Manning „nicht schwul“ wäre, würde er aber trotzdem nicht mehr öffentliche Wahrnehmung bekommen und ich kann auch nicht erkennen, warum seine Sexualität unbedingt thematisiert werden muß.

    Manning hat deutlich mehr Eier bewiesen, als 99,999% aller heterosexuellen Männer und ich hoffe für Ihn (aber auch für unsere Menschlichkeit), dass er am Ende doch noch vor ein ordentliches Zivilgericht mit „vernünftigen Richtern“ kommt und dass er dann doch noch Gerechtigkeit erfährt (auch wenn das eigentlich kaum noch realistisch erscheint).

    Seit den menschrechtsverachtenden Foltermethoden, die die USA gegen Bradley Manning anwenden, um an Assange heran zu kommen und andere abzuschrecken, habe ich mein Bild von den USA mittlerweile drastisch revidiert. Ich bin aber auch erst durch WikiLeaks und die skandalösen Vorgänge um Assange auf die unglaubliche Behandlung von Bradlay Manning aufmerksam geworden.

    Warum mußte sich Manning auch einem Unbekannten gegenüber outen ?!?

  8. @ Ralf: Ich kann ja deine Bedenken nachvollziehen, aber solltest du nicht die Kirche im Dorf lassen?
    „Ich vermag auch nicht zu erkennen, wieso sich weltweit Schwule und Lesben für Straftäter oder einer Straftat Verdächtigte einsetzen sollen, nur weil die schwul oder lesbisch sind.“
    Wie um Gottes Willen begründest du dieses „nur“? In allen Artikeln von RH zu dem Thema ist doch mehr als offensichtlich, dass er sich aus vielfältigen, prinzipiellen Gründen für Bradley engagiert. Dass Bradley schwul ist, kommt für den Blogautor halt noch zusätzlich obendrauf, so wie ich das sehe als einen weiteren Schuss Motivation, sich zu engagieren und vielleicht auch andere Schwule etwas mehr für den Fall zu sensibilisieren.
    Klar könnte man da diskutieren, ob eine solche zusätzliche Motivation notwendig sein sollte. Aber es ist nunmal so, dass auch Aufmerksamkeit eine begrenzte Ressource ist, die wir sehr selektiv einsetzen. Verteilst du selber dein Engagement immer 100% nach völlig unbefangenen Kriterien?
    Frauen sind stärker sensibilisiert, wenn einer anderen Frau Unrecht geschieht, selbst wenn das Unrecht nichts mit ihrem Geschlecht zu tun hat. Ähnliches bei Franzosen, wenn andere Franzosen (statt „nur“ Italienern oder Schweden) im Ausland bedroht sind. Usw. usf. Und RH engagiert sich halt für jemanden aus seiner Community im besonderen Maße. Man muss das nicht so machen, aber ich finde es völlig legitim, insbesondere wenn jemand wie Bradley ansonsten noch relativ wenig Unterstützung erfährt. Während Assange Asyl in einem schönen Schloss fand, musste Bradley nackt mit gespreizten Beinen vor Wärtern strammstehen und sich von anderen Insassen verhöhnen lassen, und seine Mutter wartete immer noch auf die Spende von Wikileaks für die anwaltliche Verteidigung ihres Sohns…

    @ RH: Danke, dass du mit deinen Artikeln wiederholt auf Bradleys Schicksal aufmerksam machst. Die Demo am 28. Mai in Berlin war für uns jetzt Anlass, auf unserer Berliner Seite auf den Fall Manning und auf die Demo hinzuweisen.

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