Interview mit Jos Leene, Bearwear.nl über den Kampf gegen Jack Wolfskin

Zumindest für den Online-Shop von Bearwear.nl scheint der K(r)ampf mit Jack Wolfskin vorerst ausgestanden. Nachdem die Website nach einer Drohung des abmahnwütigen Outdoor-Anbieters, der das Urheberrecht für die Wolfskralle im Logo aggressiv für sich beansprucht, monatelang gesperrt war, haben sich der kreative Besitzer Jos Leene und die Vertriebsfirma Spreadshirt sich mit JW geeinigt. Samstag ist ein guter Tag und Der Stich des Skorpion haben Jos zu den Vorgängen befragt:

“Die Macht des Internets ist wirklich toll!”
Interview mit Jos Leene, Bearwear.nl über den Kampf gegen Jack Wolfskin

Seit wann gibt es den Bearwear.nl-Shop?
Die Idee für „Bearwear“ hatte ich während eines Urlaubs auf Gran Canaria im März 2007, und bereits im August war der Shop online. Es gab nicht sehr viele T-Shirts speziell für schwule (Bären-)Männer. Ich entwarf Shirts mit GROSSER Schrift, ganz passend für einen Bären mit lustigen, frechen und sexy Sprüchen. Zunächst wählte ich die Farben grau, blau, schwarz und weiß. Der Shop ist ja eher ein Hobby und in diesem Maße bewarb ich den Shop auch. Ich verteilte Flyer in Bars und ich trage natürlich auch selbst diese Shirts im Urlaub oder wenn ich ausgehe.

Wann hat Jack Wolfskin sich das erste Mal an dich gewandt?
Im April 2009, ich wollte gerade ein neues Design vorstellen, bekam ich eine Nachricht von „Spreadshirt“ [in Leipzig]– das ist die Firma, die den Druck und den Vertrieb der Shirts übernimmt. Sie teilten mir zunächst nur mit, dass sie meine ursprünglichen Shirts offline gestellt hätten. Sie befürchteten Copyright-Probleme. Erst später erfuhr ich, dass Jack Wolfskin verlangt hatte, mehr als 20 Produkte von verschiedenen „Spreadshirt“-Geschäftspartnern wegen des Gebrauchs der Bärenkralle zu entfernen. Aufgrund der Drohung mit mehreren tausend Euro Strafe musste „Spreadshirt“ reagieren, um die Firma aus der Gefahrenzone zu bekommen.

Kannst du uns Genaueres über die Gespräche mit Jack Wolfskin sagen?
Zunächst hat Spreadshirt die Verhandlungen geführt. Gesetzlich ist es so, dass wenn jemand ein T-Shirt in meinem Shop bestellt, er ein Kunde der Vertriebsfirma ist. Insofern ging die Klage gegen sie. Darum weiß ich über die Details nicht genau Bescheid, nur, dass die Gespräche zunächst sehr schwierig waren. Manche der Partnerfirmen wurden auch direkt von Jack Wolfskin kontaktiert, ich hörte nur über Spreadshirt von den Verhandlungen.

Wie würdest du das Verhalten von JW beschreiben? Anfänglich waren sie ja sehr aggressiv …
Es war ein Vorgehen mit ganz einseitiger Machtverteilung. Soweit ich weiß, gab es sogar einen Gerichtstermin. Bei Spreadshirt stellte man sich auf ein langes und schwieriges Verfahren ein. Mal ehrlich: Ich wüsste niemanden, der es mit einer solch großen Firma aufnehmen könnte. Wolfskin hat das Geld und die Anwälte!

Das Vorgehen von JW gegen den Online-Anbieter DaWanda löste dann im Web eine riesige Welle der Empörung aus. Was geschah dann?
Dann nahm JW von sich aus den Kontakt zu mir auf. Ich denke, das geschah, weil der Fall von Bearwear.nl in so vielen Blogs aufgegriffen worden war. Sie baten um ein Gespräch. Der Ton war freundlich und kooperativ. Sie wollten die Sache wirklich vom Tisch haben. Ich schickte Ihnen meine Kollektion zur Beurteilung. Sie sahen, dass ich mit meinen Produkten eine ganz andere Zielgruppe ansprach und in meinen Designs die Bärentatze/-kralle im Zusammenhang mit Schrift verwendet wird. Die Vereinbarung ist jetzt, dass ich meine Bärenkralle weiterhin in dieser Kombination Logo-Schrift für die spezielle Zielgruppe verwende. Das ist für mich machbar, ich verzichte eben darauf, auf meinen Produkten eine einzelne, freistehende Bärentatze zu verwenden.

Was wird nun nicht mehr in deinem Shop erhältlich sein?
All die Produkte, die als Design eine einzelne Bärenkralle hatten (ohne Schrift/Text). Zusammen mit Spreadshirt habe ich beschlossen, auch das “Wolf”-Design zu entfernen. Es zeigte die Bärenkralle zusammen mit dem Schriftzug ‘Wolf’.

Was hat für dich und dein Unternehmen der monatelange Ausfall des europäischen Marktes bedeutet?
Ich kann schwer eine konkrete Ausfallsumme schätzen, da meine Verkäufe sehr unregelmäßig sind. Manchmal sind es einige Shirts pro Woche, manchmal auch nur ein paar im Monat. Da aber nun die Website geschlossen war, habe ich auch monatelang gar nichts eingenommen. Natürlich musste ich weiterhin die laufenden Kosten – Internetgebühren, Gebühren für den Vertrieb, Kosten für Flyer, die ich nicht verteilen konnte – zahlen. Aber insbesondere der Gedanke, das Unternehmen komplett schließen zu müssen und damit meine kreativen Ergebnisse zu verlieren, war alles andere als schön.

Hattest du direkte Kosten durch den Streit mit JW?
Ich persönlich, abgesehen von den genannten, nicht. Sicher aber die Vertriebsfirma Spreadshirt.

Du planst eine neue Kollektion – was wird sich verändern?
Ich habe 23 neue Designs entworfen, weitere Text-Elemente kombiniert – natürlich mit der Bärenkralle! Es wird weitere Farben geben. Eigentlich müsste ich auch eine deutsche Version des Shops anbieten. Deutsche Kunden möchten ja auch gern in ihrer Sprache angesprochen werden. Aber ich spreche nicht gut genug Deutsch, um Entwürfe auf Deutsch zu machen – aber hey, das Interview gibt mir Gelegenheit dafür zu werben, dass ich natürlich auch gern Sachen auf Wunsch für Kunden anfertige. Sie müssen mir nur sagen, was auf dem T-Shirt zu sehen sein soll.

Zum Schluss ein Wort zur schwulen Bären-Szene – welche Reaktionen hast du von ihr während des Streites mit JW erfahren?
Es gab viele nette Leute – Homos wie Heteros! –, die mir geschrieben haben, mich ermutigten. Einige Bären haben auch juristische Informationen geschickt, die ich dann an Spreadshirt weitergeleitet habe. Viele verstehen nicht, wie es möglich ist, ein Urheberrecht auf so eine so alltägliche Sache wie den Fußabdruck eines Tieres zu erheben. Ich verstehe es auch nicht. Hätte JW sein Vorhaben weiter vorangetrieben und weitere schwule Unternehmen oder gar die Bärenflagge wären betroffen gewesen, dann hätte die Community wohl heftiger reagiert. So ein kleines Unternehmen, das einen kleinen Rechtsstreit führt, lockt die großen Bären nicht aus der Höhle.
Ich hoffe, dass JW die Lektion gelernt hat, dass die Online Community aufpasst. Für mich war es eine tolle Erfahrung, dass der schwule Aspekt gar keine Rolle gespielt hat. Der Aufschrei war ja bundesweit, unabhängig von der sexuellen Präferenz oder dem Geschlecht! Die Macht des Internets ist wirklich toll! Ich möchte allen, die mich unterstützt haben, Danke sagen – und für die, die darauf stehen: Einen dicken nassen Dankeschön-Bärenzungenkuss ( :-) Schleck!)

Interview & Übersetzung aus dem Englischen: Rainer & Lars / Fotos: Jos Leene

Links:

Online-Shop Bearwear.nl

Der Stich des Skorpion:
Das ist erst der Anfang / Jack Wolfskin – Die Bären schlagen zurück

Samstag ist ein guter Tag:
Bearwear.nl Opfer von Jack-Wolfskin-Abmahnung / Rückkehr der Bärentatzen – Einigung mit JW

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