Drohungen gegen Islands heidnische Gemeinschaft – wegen derer Unterstützung von LGBT-Rechten

Hilmar-Örn-HilmarssonIslands heidnische Gemeinschaft Ásatrúarfélagið erhält wegen ihrer Unterstützung der Rechte von Schwulen und Lesben und der Ehe-Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare Drohungen von reaktionären Gruppen aus dem Ausland. Das berichtet das isländische Magazin „Vísir“. Nach Angaben des offiziellen Oberhauptes (Allsherjargoði), dem Goden Hilmar Örn Hilmarsson hat die Gemeinschaft wegen ihrer toleranten Haltung und der Unterstützung von Homosexuellen eine Flut von Hass-E-Mails aus dem Ausland erhalten:

„Unfortunately we have received gushes of hate-mail from abroad, for example due to our respect for gay rights and for our fight to be allowed to marry same-sex couples.“

Deswegen diskutiere man nun, ob der derzeit in der Hauptstadt Reykjavík im Bau befindliche Tempel nach seiner geplanten Fertigstellung im Oktober 2016 für die Öffentlichkeit frei zugänglich sein soll. Ausländische Besucher sollen möglicherweise nur im Rahmen einer Führung Zutritt erhalten.

Die Ásatrúarfélagið sind in Island seit 1973 staatlich als Glaubensgemeinschaft anerkannt, u.a. mit dem Recht, Trauungen durchzuführen. Mit rund 3000 Mitgliedern (1% der Bevölkerung) ist die Ásatrú-Gemeinde Islands größte nicht-christliche Religionsgemeinschaft, die einen auf traditionellen Sitten und nordisch-germanischer Mythologie basierenden Götterglaube praktizieren.

Das Tempel-Projekt hat der Gemeinschaft große internationale Aufmerksamkeit verschafft – auch von deutschen Neuheiden. Vor deren rechtsextremen Kräften und Ásatrú-Anhängern in den USA herrscht die größte Sorge. Diese benutzen den germanischen Götterglauben, um eine Ideologe von rassischer Überlegenheit, Blut und Boden zu verbreiten.

Gegenüber dem US-amerikanischen Pagan-Online-Magazin „The Wildhunt“ berichtete Hilmarsson (Foto) von Plänen, den Tempel nach dessen Eröffnung okkupieren zu wollen. Ihm seien mindestens drei Gruppen bekannt, die nach Island kommen wollten, um klar zu machen, dass der Tempel und die Religion ihnen gehöre „und nicht den isländischen Idioten, die alles falsch machten“.

Die alte Ásatrú-Religion sei aber kein Vehikel für Wikinger-Krieger-Romantik und auch nicht für eine reaktionäre christliche Moral, so Hilmarsson gegenüber „Vísir“. Die isländische Ásatrúarfélagið verträten die [offenen, liberalen] Werte der isländischen Gesellschaft. Man sei es leid, so Hilmarsson unlängst in einer kurzen Reportage des ZDF, über die Auslegung des Heidentums zu diskutieren. Natürlich sei man stolz auf das Tempel-Projekt, aber: „Wir wollen nicht so etwas wie der Vatikan der nordischen Religionen werden.“ Von rechtsextremem Gedankengut distanziert man sich: „Wir begegnen ihnen mit Sarkasmus. manche begreifen es, doch die meisten sind so blöd, dass sie es nicht verstehen!“

Erst im April hatte die „Süddeutsche“ über Hilmarsson berichtet. Als Komponist hat er bereits mit der Band Sigur Rós und der Sängerin Björk zusammengearbeitet. Für seine Musik zu „Children of Nature“ erhielt er 1991 den Europäischen Filmpreis.

Foto: Haukurth /Wiki Commons CC-BY-SA-3.0

2 Kommentare zu „Drohungen gegen Islands heidnische Gemeinschaft – wegen derer Unterstützung von LGBT-Rechten

  1. Spannender Beitrag! Und schöner Beweis, dass traditionelle Werte einer Glaubensgemeinschaft und Toleranz/Akzeptanz kein Widerspruch sein muss.

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