„Kommerzieller Anschlag“ – Partyzelt für Frankfurts Homo-Mahnmal

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Hans-Hermann Kotte berichtet in der FR über einen bedenklichen Umgang mit einem Denkmal. Um richtig feiern zu können, hatten die Betreiber des Lucky-s ein Partyzelt vor ihrem Lokal am Klaus-Mann-Platz in Frankfurt a.M. aufgestellt, schön mit Werbung von Red Bull, dazu Möbel mit „John Player Special“-Logo. Das entspannte Konsum-Ambiente schloss dann auch gleich den „Engel“ mit ein: eine Skulptur der Künstlerin Rosemarie Trockel zur Erinnerung an die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen. Laut Bericht wurde am CSD-Wochenende recht fröhlich darum herum gefeiert, getrunken und geraucht. Der FR-Bericht zitiert einen der damaligen Initatoren des Denkmals, Dieter Schiefelbein: „Es ist dreist und schamlos, diesen Platz für ein Reklame-Event zu nutzen.“ Es sei ein „kommerzieller Anschlag“ auf das Denkmal.
Recht hat er. Der Betreiber vom Lucky-s bedauert übrigens seine Gedankenlosigkeit: „Hätten wir gewusst, dass jemand am Zelt Anstoß nehmen würde, hätten wir das nicht gemacht.“
Schöner wär es natürlich gewesen, vorher selbst ein wenig sein Handeln zu überdenken. Scheinbar war aber keinerlei Sensibilität gegenüber dem Denkmal und seiner Bedeutung vorhanden.
(Bericht & Meinung auch bei Ondamaris / Foto (Detail): Reinhard Dietrich)

5 Kommentare zu „„Kommerzieller Anschlag“ – Partyzelt für Frankfurts Homo-Mahnmal

  1. Andersherum: wenn Herr Lucky-s gewusst hätte, dass ein Mahnmal vor der Tür ihm verbieten würde, rentable Werbungsaktionen zu veranstalten, hätte er früher beim Stadtrat eingegriffen, damit die Skulptur woanders platziert wird.

  2. @ Rémy:
    entschuldige bitte, meines wissens handelt es sich bei dem platz um öffentlichen raum – nicht um privaten, über den der wirt frei verfügen könnte
    und: es geht weniger um rentable werbeaktionen – vielmehr darum, wie wir mit homosexuellen NS-opfern umgehen wollen – und wie nicht

  3. @ondamaris Ich plädiere nicht dafür, dass man Werbung an Mahnmale hängt bzw. hängen darf. Ich bin also 100% mit dir. Aber nicht mit den selben Argumenten: du entwickelst eine legalistische Sicht der Sache, mit ganz viel „sollen“ und „dürfen“ (schön deutsch!), und ich frage mich, was die Menschen in der Praxis motiviert, so oder so zu agieren. Ich befürchte, dass heutzutage Mahnmale, Würde, Gedächtnis usw. nicht mehr viel Gewicht gegen Kommerz und Geld haben (zu anderen Zeiten hätte man gesagt: die jüdische Mentalität hat gewonnen). Von daher, wenn man nicht möchte, dass ein Mahnmal durch Kommerz geschändet wird, sollte man es so platzieren, dass es nicht durch Kommerz geschändet werden kann – also an eine für den Kommerz völlig uninteressante Stelle. Nur so käme niemand auf die Idee, eine Werbungsaktion ausgerechnet da zu organisieren. Ein moralisches Verbot, ein „man sollte doch nicht dürfen“… wirkt einfach nicht, es ist verlorene Müh‘, sich im Nachhinein darüber aufzuregen.

    Einen vergleichbaren Fall hatten wir in Paris vor kurzer Zeit – wart‘, ich such den Artikel… Da:
    http://www.liberation.fr/monde/0101579013-improbable-monument-pour-la-paix
    Da schreibt die Künstlerin Clara Halter, Bildhaueuse, sie sei schockiert, ihr tolles Kunstwerk mit Elektronik und Glas werde andauernd beschädigt, obwohl es dem Frieden gewidmet sei.
    Das Werk ist eine Mauer (ja, eine Mauer für den Frieden – auf *die* Idee muss man schon kommen!) und steht mitten im Garten vor dem Eiffelturm, sprich da, wo alle Touristen der Welt und entsprechend alle Touristenkram- und Hanfverkäufer aus Afrika via Banlieues, und also auch deren parksuchenden Kunden aus den selben grünlosen Banlieues sich aufenthalten.
    Die Skandalisierung der Künstlerin ist wie dein Protest: „man sollte doch ein Kunstwerk für den Frieden respektieren!“. Das stimmt sehr! Ich bin auch dafür, dass man Kunstwerke respektiert. Aber… da sag’ich tja junge Dame, nächstes Mal erkundigen Sie Sich vielleicht besser, in welcher Umgebung Ihr Kunstwerk leben wird, und benutzen weniger empfindliche Materialien als Glas und Elektronik, oder suchen Sich eine ruhigere Stelle aus! Es ist unrealistisch, im Nahhinein den Leuten ihr natürliches Treiben verbieten zu wollen.

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