Adoptionsrecht-Debatte – Wie neutral muss ein Moderator des Deutschlandfunks sein?

Kaum ist mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die steuerliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit Ehepartnern de facto vollzogen, rückt die Frage des Adoptionsrechts in den Vordergrund. Man darf hitzige Debatten erwarten – und im Deutschlandfunk (DLF) moderiert an prominenter Stelle ein überzeugter „Familienlobbyist“ und Opus-Dei-Mitglied, der – in Äußerungen außerhalb des DLF! – in der Gleichstellung von Homosexuellen scheinbar den ‚Schutz der Ehe und Familie‘ gefährdet sieht und missliebige Journalisten und Künstler schon mal als die, „die die Natur des Menschen nicht anerkennen wollen“, denunziert. 
Den Anlass zu meiner Recherche über den DLF-Moderator Jürgen Liminski gab eine kurze, aber irritierende Anmoderation:  Am Wochenende war Familienministerin Ursula von der Leyen aus der Riege der Adoptionsrecht-Gegner ihrer Partei CDU ausgeschert – sie hatte in einem Interview des Deutschlandfunks (!) erklärt, dass sie keine Studie kenne, nach der es Kindern in homosexuellen Partnerschaften anders gehe als denen in heterosexuellen Ehen.
Das war wohl zuviel für Moderator Jürgen Liminski in der Sendung „Journal vor Mitternacht“ am gestrigen Montag. In seiner Anmoderation zu einem Beitrag „CDU debattiert Adoptionsrecht für homosexuelle Paare“  weist Liminski die Familienministerin in barschem Ton zurecht. (Im Archiv des DLF ist zwar der Beitrag abrufbar- Update: leider nicht mehr abrufbar! – , nicht aber die Anmoderation von Liminski. Ich gebe sie also so wieder, wie ich sie gestern Abend gehört/wahrgenommen habe!) Wieder einmal ignoriere sie existierende Studien über die Bedeutung von Vater und Mutter für das Kindeswohl. Ausführlich erklärt Liminski die Bedeutung der Triade, des Dreiecks von Vater-Mutter-Kind in den ersten Lebenswochen. Es ist mithin ein kleines Plädoyer für die ‚biologische‘ Familie. Dann erst startet Liminski den Beitrag – in dem u.a. Norbert Geis von der CSU im O-Ton den Unterschied zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe betonen darf, ansonsten Befürworter (Stefan Kaufmann, Zypries) und Gegner eines Adoptionsrechts (Christean Wagner) zu Wort kommen bzw. zitiert werden.
Soviel Ausgewogenheit war dem Moderator Jürgen Liminski wohl zuwenig, so dass er schon vor dem Beitrag seine private Position in dem Ausfall gegen von der Leyen starkmachen musste. Zufall? Liminski ist solllaut Wikipedia – Mitglied der katholischen Organisation Opus Dei sein und zudem „seit Ende 2005 Geschäftsführer des im selben Jahr gegründeten Instituts für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e.V. , der gemeinsam mit der Offensive Junger Christen und dem Deutschen Familienverband e.V. im Rahmen des „Aktionsbündnis Familie“ zusammenarbeitet“. Seine Frau Martine ist Mitglied des Vorstandes des Instituts für Demographie, sein Sohn (?) Arnaud Liminski Schatzmeister.

Diesem „Institut“ gefallen die derzeitigen Entwicklungen nicht. In einer Mitteilung zu Äußerungen von Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier Anfang des Jahres, der erklärte, wer für den Schutz der Ehe eintrete, kämpfe eine „verlorene Schlacht“ heißt es: „Die Ignoranz gegenüber der empirischen Normalität hat Methode: Sie ermöglicht es, grundverschiedene Lebensformen über denselben Kamm zu scheren, um die Ehe als Rechtsinstitut zu entprivilegieren. Das erweiterte Adoptionsrecht für eingetragene Lebenspartnerschaften ist der jüngste, aber sicher noch nicht der letzte Meilenstein auf diesem Weg. Über diese Systemveränderung kritisch zu diskutieren, ist nahezu unmöglich“. Die „Auflösung sozialer Strukturen“ wird als Szenario gemalt.

Aber vor allem als Autor für die konservativ bis reaktionäre Internetzeitung „Freie Welt“ (siehe „Lobbypedia“) – die auch Christa Meves, der uns Schwulen wohlbekannten Führerin im Kreuzzug gegen Homosexuelle, Platz bietet – hält Liminski nicht zurück: Da lobt er in höchsten Tönen den Protest der Gegner einer Ehe-Öffnung in Frankreich und verrät auch, warum die (linken) Medien ein verzerrtes Bild zeichneten: „Die Scheidungsraten und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften sind in der Berufsgruppe der Künstler und Journalisten höher als der Durchschnitt. Auch gegen diese, die die Natur des Menschen nicht anerkennen wollen, gehen die normalen Familien auf die Straße.“
Er schwelgt (Update: Link leider nicht mehr aktiv) in Anbetung von Josef Ratzingers Familienbild „Familie – eine Selbstverständlichkeit der Natur“, hadert mit der nicht mehr christlichen CDU – „Das C ist mit der vollen Gleichstellung der Homo-Ehe nur noch ein Etikettenschwindel – für alle sichtbar. (…) Vernünftig wäre es allerdings schon, das Zeugen und Erziehen anzuerkennen, auch wenn einige gleichgeschlechtliche Paare sich dadurch diskriminiert fühlen könnten.“ – und äußert sein Unbehagen angesichts einer von ihm behaupteten Übermacht von Homosexuellen: „Ändern die 23.000 eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften die Gesellschaft? Sie ändern das Denken in Medien und Politik, weil sie auf diesen Bühnen überrepräsentiert sind und Druck machen.“ Er nennt die Debatten einen „hysterisch anmutenden öffentlichen Diskurs“.

Liminski gehört zu jener Fraktion, die unermüdlich eine Opposition einer „natürlichen“ Familie gegen eine irgendwie „linke“ Medienwelt und „unnatürliche“ Forderungen von Homosexuellen aufbauen. Die Argumentationsstrategie ist die in diesen Fällen übliche: Man stilisiert sich als Opfer einer übermächtigen Linken, pocht auf die als unhinterfragbar behaupteten Werte von Christentum und Familie, die als unterdrückte Mehrheitsmeinungen dargestellt werden, und schürt dabei unablässig ein Ressentiment gegen die homosexuelle Minderheit – ohne je direkt etwas gegen Schwule und Lesben zu schreiben -, indem bewusst die falsche Behauptung gestreut wird, durch gleiche Rechte von Homosexuellen würde Heterosexuellen etwas weggenommen.
Es wird darauf zu achten sein, in welcher Form Jürgen Liminski seine Position als Moderator einer DLF-Nachrichtensendung ausnutzt, um Stimmung gegen das Adoptionsrecht zu schüren. (RH)

5 Kommentare zu „Adoptionsrecht-Debatte – Wie neutral muss ein Moderator des Deutschlandfunks sein?

  1. Schwule sollten endlich kapieren, dass es für viele Heterosexuelle Homosexualität nur als Folge von Missbrauch und Verführung gibt. Daraus leitete sich auch das höhere „Schutzalter“ ab.
    Darauf hat schon Gisela Bleibtreu-Ehrenberg hingewiesen. Judith Butler hat irgendwo bemerkt, dass das Homosexualitäts-Tabu noch VOR dem Inzesttabu in der Familie gesetzt wird…
    Und da wollen Homosexuelle in einer solchen privilegierten „Ehe“ leben? Das kommt mir vor, wie die LINKE als Folgepartei von SED…

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