Unerträgliche Arroganz – Der LSVD findet schwulen Blogger unprofessionell (weil man selbst professionell die Verwendung von Geldern verschweigen möchte)

Der LSVD Berlin-Brandenburg hält es für unnötig, Fragen nach der Verwendung von Geldern für eine Kampagne des Aktionsbündnisses gegen Homophobie zu beantworten. Johannes Kram hatte auf seinem „Nollendorfblog“ Kritik an einem Plakatmotiv, mit dem Homophobie im Fußball thematisiert werden soll, geübt. In einem Folgeartikel monierte er dann den Umgang mit öffentlichen Geldern durch den LSVD und dass der Lesben- und Schwulenverband auf entsprechende Nachfragen nicht reagiere. Antwort hat Johannes Kram immer noch nicht, dafür hat ihn der LSVD mit einem „offenen Brief“ abgewatscht:

„Blogger auf Hobby-Ebene“ bzw. deren Anfragen würde man nicht zu den „professionellen Medienanfragen“ zählen, heißt es in dem Brief.

Eine besondere Dreistigkeit vom Nollendorfblogger war es, aus Sicht des LSVD, zunächst einen Beitrag auf dem Blog veröffentlicht und dann erst eine Anfrage an den LSVD geschickt zu haben:

„Ein Journalist hätte jedoch zunächst eine Rechercheanfrage gestellt, um im Anschluss einen Artikel zu verfassen.“

Man nimmt also „Hobbyblogger“ nicht ernst, würde die dummen Fragen der nicht ernst genommenen Hobbyblogger aber immerhin beantworten, würden sie nur vorher (heimlich) an den LSVD gestellt?

Und wo der LSVD bzw. der in seinem Auftrag offene Briefe schreibende Danilo Höpfner gerade in Fahrt ist, wird auf höchstprofessionelle Weise nachgetreten:

„Darüber hinaus ist uns Herr Kram bereits seit längerem durch wenig seriöse Berichterstattung aufgefallen.“

Es ist im „offenen Brief“ nichts zu lesen, ob mit „wenig seriös“ die kritische Haltung des Bloggers zum LSVD gemeint ist. Dafür bekennt man sich zur Meinungsfreiheit:

„Jeder Hobbyblogger hat das Recht, seine Meinung, so haltlos sie auch sei, auf seinen Blogseiten oder in sozialen Netzwerken zu posten“

Es gibt – trotz all des denunziatorischen Bashings – auch eine quasi inhaltliche Aussage: Der LSVD verweist darauf, dass von Ver(sch)wendung öffentlicher Mittel keine Rede sein könne, denn: „Die Kampagne wird gänzlich freiwillig und aus den Ressourcen unserer Bündnismitglieder hergestellt.“

Und diese Antwort konnte man Johannes Kram nicht direkt geben? Die wirklich ärgerliche Haltung des LSVD kommt im „offenen Brief“ schon zum Beginn zum Ausdruck. Dort heißt es:

“ (…) dass ein Bündnis, das auf freiwilligem Engagement der Wirtschaft beruht, einer Privatperson grundsätzlich keine Rechenschaft über die von seinen Mitgliedspartner ausgeführten Projekte schuldet“.

Transparenz sieht anders aus! Der LSVD bzw. das von ihm initiierte Bündnis gegen Homophobie umgibt sich stattdessen mit einer Attitüde, die man eher von der FIFA oder vom IOC kennt. Und man weiß sich moralisch im Recht und gibt sich tief betroffen: Man fände es bedauerlich,

wenn das ehrenamtliche und unendlich wertvolle Engagement unserer Bündnismitglieder, einer Allianz der heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft durch haltlose Behauptungen sowie tendenziöse und nichtjournalistische Berichterstattung in einem Magazin mit journalistischem Anspruch [gemeint ist das Magazin ‚Männer‘, das den Beitrag vom Nollendorfblog online übernommen hatte und an das der LSVD den ‚offenen Brief‘ richtete] diskreditiert wird“.

So unendlich wertvoll wie der „offene Brief“ unerträglich arrogant, selbstgefällig und von einer beängstigenden Demokratieferne geprägt ist. Hier spricht eine Institution, die es gar nicht mehr für nötig erachtet, ihr Handeln offen zu vermitteln und auf eine lapidare Nachfrage überzogen und völlig unsouverän reagiert.

Es wäre ein leichtes gewesen, dem Kollegen Johannes Kram einen Fünfzeiler per E-Mail zu schicken, in dem steht, dass man seinen Artikel blöd fand, dass man ihn inhaltlich für falsch hält und dass man halt keine Antwort auf die Verwendung von Geldern geben möchte, weil man das für unüblich hält.

So aber offenbart man eine Bunkermentalität und ein Denken in Kategorien von Abschottung und Arroganz gegenüber Kritik und Fragen. (Das alles entspricht letztlich auch der Tonlage, die in Berlins Homo-Welt mittlerweile üblich zu sein scheint.) Die Verachtung eines lästigen schwulen Bloggers wird medial inszeniert – soviel Rache muss sein! Besonders tragisch dabei: Ausgerechnet solche Leute predigen die Toleranz im Fußball. Vor lauter Engagement gegen Homophobie im Fußball hat man anscheinend vergessen, dass ein wenig Homofreundlichkeit auch innerhalb der homosexuellen Welt nicht schaden kann. Man hat aber auch, bei all der Beschäftigung mit dem System Fußball und der dort herrschenden männlichen Macht-Kultur der Intransparenz, vergessen, dass ein Bündnis gegen Homophobie auch heißen muss, selbst transparenter zu sein. / ©RH

5 Kommentare zu „Unerträgliche Arroganz – Der LSVD findet schwulen Blogger unprofessionell (weil man selbst professionell die Verwendung von Geldern verschweigen möchte)

  1. Warum wird Johannes Kram namentlich genannt, aber nicht die LSVD-Funktionäre? Wer bitteschön erklärt sich von ihnen wie, ohne sich hinter dem guten Zweck einer Institution zu verstecken? Die er für seine Kleinkariertheit missbraucht! Ein empörter FFR

  2. jau… Du sprichst mir (wie so häuifig) von der Seele: das ganze Gehabe des LSVD ist unerträglich und der Umgang mit seiner Anfrage (alleine mit den ätzenden Nebensätzen…) ist einfach ein Frechheit.

    Es wird wirklich Zeit, seinen Abgeordneten anzuschreiben um diese unerträglich Selbstherrlichkeit zu stoppen und dem LSVD die Mittel zu entziehen !

  3. Sagt mal, hat sich einer von euch überhaupt mal die Antwort richtig gelesen? Finde die Argumente des LSVD eigentlich ganz nachvollziehbar. Außerdem wird deutlich, dass der Nollendorf-Blog und Männermagazin wohl inhaltlich (ging es nicht darum?) ziemlich daneben lagen… Die Überschrift bei „Männer“ war ziemlich irreführend.

  4. Kann mir mal jemand erklären, wo genau der LSVD hier unsachlich oder gar arrogant war?
    Zweifelhaft ist dagegen die Aussage, dass das insolvente Schmierenblatt „Männer“ journalistischen Anspruch hätte!

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