Zwischentöne in schwarz-weiß – Der achte Band von Mayk D. Opiollas „Momentaufnahmen“

cover_Momentaufnahmen8Im achten Band seiner Momentaufnahmen erweitert Mayk D. Opiolla das literarische Festhalten von Situationen, Gedanken im Jahreslauf auf der Insel Langeoog um die fototechnische Möglichkeit des Aufzeichnens eines Augenblicks. Es ist gewissermaßen nur folgerichtig, wenn ein auf seinem Blog lang praktiziertes Verfahren, Literatur und Fotografie zu verknüpfen, nun auch Eingang in die gedruckte Ausgabe findet. Mit der kleinen Einschränkung, dass aus Kostengründen die Abbildungen im Buch schwarz-weiß sind, während man im Internet zumeist farbige zu sehen bekommt.
Zugleich deutet das erste Kapitel – und es heißt denn auch „Schwarzweiß“ – an, dass Fotografien auch zu Indizien einer brüchig gewordenen Realität werden können. Herangezogen als Moment der Versicherung in Zeiten der Unsicherheit, ob Liebgewonnenes Bestand haben kann. Scheinbar trauen sich die Sprache und der Ich-Erzähler nicht mehr so ganz und wollen sich durch ein technisches, seinerseits ja nur scheinbar dauerhaft verlässliches Medium absichern. Oder wie es im Kapitel Winterzauber heißt: „Ich wähnte mich inmitten einer wunderschönen, über viele Generationen vererbten Schwarzweißaufnahme.“


Das Covid-19-Virus hält die ostfriesische Insel das zweite Jahr im Griff. Viele der kurzen Erzählungen drehen sich ums Durchhalten, ums Aushalten der teils obskuren Ereignisse, die sich aus dem Leben zwischen Rückzug und kurzen Momenten des Öffnens ergeben auf einem Flecken im Meer, der vom Tourismus lebt und ihn in Corona-Zeiten doch nicht wirklich haben kann oder will. Die Momentaufnahmen sind Versuche, dem lähmenden Griff der Pandemie zu entfliehen. Es liegt auf der Hand, dass das in Lockdown-Zeiten eher gedanklich als durch Reisen gewagt werden kann. Paradigmatisch ist hier „Beat“, eine Geschichte über das musikalische Experiment in einer Kirche, Percussion mit Orgelspiel zu verbinden. Es wird ein Versuch, „die Melodie zu finden, am schrägen Beat vorbei“.
Es ist ein bisschen Unrast in den 28 Prosastücken des achten Bandes der Momentaufnahmen, da gerät manches ein bisschen arg kurz. Und doch ist beispielsweise „Kunst“ ein sehr schönes, berührendes Kapitel, weil es eine aktuelle Befindlichkeit mit einem Rückblick in die Geschichte des Ich-Erzählers, bevor er nach Langeoog zog und zum Chronisten der Insel wurde, verknüpft. Da scheint ein schicksalhaftes, biografisches Erlebnis auf, eine eher zwiespältige Verortung, die ein bisschen mit der Routine bricht, mit der sich der Ich-Erzähler ansonsten (oft recht schnell) seiner Religion und der Erhabenheit der Natur versichert. Gerade die letzten beiden Aspekte haben auf der Ebene der Motive eine ähnliche ambivalente Funktion wie die fotografischen Aufnahmen auf der strukturellen Ebene. Wer die Momentaufnahmen kennt, weiß freilich, dass der Autor selten in einfachem Schwarz-weiß verharrt und immer ein paar sprachliche Farb- und Gedankentupfer parat hat.
Man darf gespannt sein, wie sich – sollte sie in künftigen Bänden beibehalten werden – die Verknüpfung von Text und Bild, von Schriftsprache und Fotografie entwickelt. Wie auch die Geschichten des achten Bandes neugierig machen, wie das Leben und Lieben des Ich-Erzählers weitergehen wird – hoffentlich jenseits der Pandemie! /©RH

Buchinfo: Mayk D. Opiolla: Momentaufnahmen 8 — Vom Ruhen und Rasen. ISBN-13: 9783755324233, Paperback, 162 Seiten, 15 €. Beim Buchhändler des Vertrauens oder online: BoD / Amazon.

1 Antwort to “Zwischentöne in schwarz-weiß – Der achte Band von Mayk D. Opiollas „Momentaufnahmen“”



  1. 1 Rezension von Rainer Hörmann – Geflügel mit Worten Trackback zu Februar 18, 2022 um 10:48 am
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