Braucht es eine Kryptowährung für LGBTQ?

Maricoin_LGBT-KryptowährungMit einer LGBTQ-Kryptowährung ist es möglicherweise wie mit queeren Weihnachtsmärkten: braucht niemand wirklich, wäre aber auch seltsam, wenn es sie nicht gäbe.

Nach einem Test mit zehn Unternehmen im queerem Viertel Madrids soll nun die digitale Währung „Maricoin“ eingeführt werden – ein Wortspiel aus dem spanischen Wort „Maricon“ für „Schwuchtel“ und dem englischen Wort „Coin“ für „Münze“. Die virtuellen Transaktionen sollen „trans“ heißen! Mitgegründet hat das Ganze der spanische Friseur und Unternehmer Juan Belmonte. Finanziell gestützt wird das Projekt von einer in Miami ansässigen Risikokapitalfirma, Borderless Capital. „Maricoin“ soll als Zahlungsmittel weltweit eingesetzt werden können, vorzugsweise von Unternehmen wie Hotels, Restaurants, Cafés. Sie alle sollen zuvor ein „equality manifesto“ unterzeichnen und dadurch ihre Unterstützung für die Rechte von LGBTQ zusichern. Die Gründer wollen die wirtschaftliche Macht der Community nützen, um die Welt zu verbessern.

Spätestens diese letztgenannte Absicht sollte, mal abgesehen vom dürftigen „Witz“ der Namensgebung, sämtliche Alarmglocken schrillen lassen. Denn auch gut gemeinter queerer Kapitalismus bleibt Kapitalismus und das heißt, irgendwer verdient immer daran! Und gegen eine virtuelle LGBTQ-Währung sprechen die generellen Einwände gegen Kryptowährungen, deren bekantestete wohl „Bitcoin“ ist. Mithilfe der Blockchain-Technologie sind finanzielle Transaktionen ohne Banken oder Behörden möglich. Alle Daten werden verschlüsselt und dezentral auf verschiedenen Rechnern in einem Netzwerk gespeichert. Das macht das digitale Geld relativ fälschungssicher, zugleich fehlen klare Kontrollen und Absicherungen. Außerdem unterliegt es starken Kursschwankungen. Und die Rechnerkapazitäten benötigen Unmengen von Strom, die CO2-Bilanz der virtuellen Transaktionen ist äußerst schlecht.

Es gibt inzwischen tausende von Kryptowährungen. Erst vor Kurzem überraschten die Sparkassen mit der Idee, Kunden künftig den Handel mit Kryptowährungen zu ermöglichen, und sich so Einfluss und ein Stück vom Kuchen zu sichern. Insofern, siehe Anfang, wäre es verwunderlich, wenn nicht auch ein Unternehmen dies für die LGBT-Community anbieten will, um damit (angeblich) die Community zu unterstützen. Letztlich wäre es eine Sache des Vertrauens.

Mag sein, dass mir die digitale Weitsicht fehlt, aber momentan klingt das Projekt einer LGBTQ-Kryptowährung für mich eher nach einem obskuren Nischenprodukt für die Nische ohne große Erfolgschancen. /RH

Quellen:
„1st LGBTQ+ Cryptocurrency, Maricoin, Launches With Questionable Name“ (Artikel auf advocate.com) // „Founders of first LGBTQ cryptocurrency, the maricoin, bet on ‘changing the world’“ (Artikel auf The Globe and Mail.com)

1 Antwort to “Braucht es eine Kryptowährung für LGBTQ?”


  1. 1 Geflügel mit Worten Januar 5, 2022 um 3:29 pm

    Stimme dir voll zu. Ehrlich gesagt, klingt es für mich wegen der grenzwertigen Namensgebung und „trans“ für Transaktionen eher wie Verarsche. Damit möchte ich mich nicht gemein machen. Abgesehen davon, dass ich für diesen virtuellen Geldkram eh zu alt bin, ich bin ja schon froh, wenn ich nicht mehr heimlich in Mark umrechne und der Kaufkraft des Geburstags-Heiermanns „vonne Omma“ nachtrauere ;P Liebe Grüße!


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