Es ist bereits der vierte Band der „Momentaufnahmen“, den Autor und Bloggerkollege Mayk D. Opiolla nun veröffentlicht hat. Die Kulisse der – wie der Klappentext es formuliert – „kurzen, tagebuchartigen Erzählungen“ bildet die Insel Langeoog. Ein herrlicher Flecken Natur, dem, wie dem Ich-Erzähler selbst, Widrigkeiten nicht erspart bleiben und der auf seine Art zum „Mikrokosmos“ wird, „in dem alles Einzug hält, was einem auch anderswo das Leben verleidet: Wie im Großen, so auch im Kleinen“. Davon abgesehen: Über weite Strecken sind die „Momentaufnahmen“ eine liebevolle Hommage an die Insel. Zugleich aber sind sie – der aktuelle Band wie die vorangegangenen drei Bände – Erlebnisse und Wahrnehmungen des dort lebenden Erzählers im Laufe eines Jahres, Suchbewegungen nach Heimat, nach Liebe, nach einem Partner, nach Sinn, also all dem, was auch den Großstädter umtreiben kann. Der aber bräuchte, um es zuzugeben, erst einmal jene Distanz, die der Erzähler der „Momentaufnahmen“ quasi alltäglich hat.
Die kurzen Prosatexte hat Mayk D. Opiolla teils auf seinem Blog „Geflügel mit Worten“ vorab veröffentlicht, dort zumeist mit fotografischen Impressionen. In der Buchform fehlen diese. Geblieben sind die eloquente Sprache und jede Menge menschlich, allzumenschlicher Erkenntnisse und Reflexionen. Charakteristisch für die Momentaufnahmen ist die Balance zwischen Schwere und Humor, zwischen freigeistigem Wunsch und herber Wirklichkeit, zwischen aufschäumender Sehnsucht und sandiger Erdung in den Dünen.
Mit ihrer herrlichen, gleichwohl gleichgültigen Pracht bilden die Natur der Insel und das Meer einen Gegenpol zu den scheinbar kleinen Dramen der Menschen. Das hat mitunter etwas von Adalbert Stifters Erzählungen, aber Opiollas Menschenzeichnung ist die der heutigen Zeit und so lädt der autobiografische Charakter – das „Authentische“ – das Erzählte wie den Erzähler selbstbewusst auf. Zumeist vertraut er auf die Natur als Ermöglicherin. So heißt es an einer Stelle, das Wandern in den Dünen „klärt Seele und Geist, man kann dabei Gott begegnen oder sich selbst“. Band 4 der „Momentaufnahmen“ schildert beide Begegnungen, pendelt dabei auch schon mal zwischen Pathos und drastischer Bodenhaftung.
Wobei die Thematisierung von anderswo gern gemiedenen Aspekten wie Depression, Finanzknappheit, Einsamkeit oder Sehnsucht nach Liebe in ihrer knappen, aber klaren Direktheit zu den Stärken der „Momentaufnahmen“ zählt. Mit ihrem Anspruch der Selbst-Ehrlichkeit bilden sie eine wichtige Ergänzung zur Flut verklärender Schwulen-WG-Romane oder zur neuerdings beliebten Selbsterkundung mit Hang zur soziologisch-politischen Analyse. Mit ihrer beherzten Selbstbehauptung bietet die „kleine Form“ der Momentaufnahmen jedenfalls großes und erhellendes Lesevergnügen.
Mayk D. Opiolla: Momentaufnahmen 4 – Neue Betrachtungen von der Insel, BOD – Books on Demand, 2017, 184 Seiten, 10 Euro. ISBN-13: 978-3-7431-9561-5 (überall im Buchhandel bestellbar).
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